Auslöse

2004

Maibaumwache und Auslöse

Wie immer ging es ein paar Tage vor dem ersten Mai los. Am Dienstag fuhren wir ins „Emmeringer Hölzl“ zum Waldstück unseres Baumspenders Rainer Rauscher. Schon einige Monate vorher wurde der Baum ausgesucht und gefällt, damit er zum ersten Mai nicht mehr ganz so sehr „im Saft steht“. Mit der entsprechenden Unterstützung der Freiwilligen Feuerwehr Olching dauerte es nicht lang und der Baum lag sicher auf dem Nachläufer. Der schwierigste Teil des Tages, den Baum unbeschadet samt Wipfel aus dem Wald zu transportieren, kostete zwar über 2 Stunden Arbeit, wurde aber durch ausreichend lustige Kommentare aller Helfer entsprechend kurzweilig gestaltet.

Mit Polizeibegleitung ging es dann über Feldwege und der Verbindungsstraße Olching/Eichenau zu unserem Maibaumwachenstandort, der Scheune von Hr. Wagner. Es dauerte eine Zeit bis der Baum in der Halle verstaut war und wir mit den Arbeiten beginnen konnten. Ausserdem musste natürlich noch das Nachtlager und der "Kaffee/Kuchen" – Bereich entsprechend aufgebaut werden.
So folgten am Mittwoch und Donnerstag die teils langwierigen Schleif und Hobelarbeiten am Baum. Da leider nicht alle Helfer Urlaub nehmen konnten war es tagsüber zu mancher Stunde recht mühsam den Baum zu bearbeiten. Der Riesen-Hobel der Familie Höchendorfer konnte uns aber wie immer die Arbeit erleichtern. Am Donnerstagabend war es dann soweit die Feuerwehrjugend mitsamt Betreuern wechselte sich im Akkord an den Handhobeln ab und die letzten 30% des Baumes waren sauber gehobelt. Wieder einmal stand uns eine lange Nacht bevor. Am Freitag war geplant in der Früh den Stumpf zu bearbeiten und die Schilderaufhängungen zu montieren…Es war zumindest geplant…

Freitag 7.30 Uhr: Stefan Kern der Jugendleiter der Feuerwehr stürmt aufgeregt in unseren Schlafanhänger und versucht verzweifelt uns zu wecken: „Euer Baum is weg, euer Baum is weg!! Schnell, da draussen fahrns noch, die könn ma noch kriagn!“ „Was? Wie? Kann gar nicht sein. Der Spike is draussen und der Marcel wolt Semmeln bringen“ „Doch, auf schnell….“ „Spike, hör auf uns zu…“ Da war der Kerni schon wieder aus dem Zelt draussen. Ganz geheuer war es dem Simon aber nicht, also schlüpfte er doch aus dem Schlafsack, stieg gemütlich in seine Schuhe und schleichte aus dem Zelt. Ein Blick in die Halle und… Tatsache, der Baum war weg. Schocksituation. Was nun? Ab ins Auto und hinterher. Weit weg waren die Diebe noch nicht. Sie hatten den Fehler gemacht in Gröbenzell noch mal zu wenden und wollten nun über den Feldweg am Wolfgangshof entkommen - also immer noch Olchinger Flur. Wenn sie mit einem Traktor unterwegs waren konnte man sie noch locker einholen, bis neben den Baum heranfahren, aussteigen und die Hand auf den Baum legen. Adrenalin pur - Kaum Schlaf - Der Puls auf 160.

Da -  Da waren Sie. Der Kerni springt schon aus dem Auto, versucht hinterherzulaufen muss aber aufgeben. Simon fährt an Ihm vorbei und kommt immer näher an die Diebe. Aber was ist das? Ein Begleitfahrzeug hält Abstand zum Maibaum und blockiert den Weg.

Egal – Raus aus dem Auto und lossprinten. Der Baum muss hier bleiben. Für seinen übermüdeten Zustand kommt es zu einem Olympiareifen Sprint. Aber es ist vergebens. Die Diebe scheinen sehr erfahren zu sein, denn sie haben den Baum auf einen alten Mercedes Combi aufgelegt, dessen Beschleunigungsverhalten es unmöglich macht ihn einzuholen. Der Verfolger bleibt stehen und die Diebe jubeln. Sie haben wahrlich eine hervorragende Vorstellung abgeliefert. Später stellte sich im Übrigen heraus, dass der Punkt an dem Simon stehen geblieben war genau die Flurgrenze markierte.
Zurück zum Stadel. Es ist inzwischen 8 Uhr und alle 3 Bewacher des Abends sind wach. Zuerst einmal mussten wir realisieren was passiert war. „Gut, der Baum ist weg. Was mach ma jetzt?“ Nachdem wir unseren Maibaumchef davon in Kenntnis gesetzt hatten und uns kurz in Schuldzuweisungen übten, kam recht schnell die Erkenntnis, dass die Diebe zum einen Nichts kaputt gemacht hatten, viel Geduld hatten und zum anderen wir ein wenig unvorsichtig waren.

Uns blieb nichts anderes übrig, als das Beste aus der Situation zu machen. Da wir am Baum nichts arbeiten konnten ließen wir uns eine frische Tasse Kaffee schmecken und malten uns aus wer es gewesen sein könnte und welche Schmähgesänge der Ort über uns singen würde. Nachdem dann auch noch die Andi vorbeikam und erzählte, dass es schon der halbe Ort wissen würde, weil im Augenblick des Diebstahls eine Gemeindemitarbeiterin die Diebe auf der Straße gesehen hatte, legten wir den entsprechenden Galgenhumor an den Tag.

„Wenn man einen Baum bewacht muss eben auch eine Chance zum Diebstahl bestehen“ und „Wir stehen eben zu 100% Maibaumbrauch - da gehört das Klauen auch dazu.“ Mit solchen Sprüchen trösteten wir uns. Von unseren Dieben hatten wir in der Zwischenzeit noch nichts gehört. Also fingen wir schon mal an beim Krämer und beim Fuchs Max anzufragen wie es denn kurzfristig mit Getränken und Essen ausschauen würde. Denn das eine Auslöse auf uns zukommt war klar. Das die Nacht auch lang wird war ebenso klar. Schließlich war es schon Freitag und Samstag war schon der 1.Mai.

Endlich, ein Unterhändler und das Geheimnis lüftete sich. Der Katholische Burschenverein Mammendorf hatte zugeschlagen. Für uns hieß das, dass es keine Schande war. Der Burschenverein hat über 100 Mitglieder, also die entsprechende Man-Power und wir waren nicht die ersten, die ihren Maibaum nach Mammendorf abgeben mussten. Schnell wurde klar, dass es keine Probleme geben würde. Es ging nicht um die üblichen xy-Liter Bier und eine Brotzeit für jeden, sondern ein gemütliches Fest sollte es sein. Traditionell mit ein wenig Musik, Böllerschützen und das Bier sollte am Besten nicht ausgehen.

12 Uhr – Los gings. Ab zum Krämer Fassbier einkühlen lassen und 12 Biertischgarnituren bestellt. Ab zum Fuchs Max und Kartoffelsalat und Rollbraten für ca. 50 Leute bestellen, ab zum Bürgermeister und die Genehmigungen einholen, ab zum…Stop. Wir sind noch im Rathaus und gehen gerade erst zum Bürgermeister. Verschwitzt und in Arbeitsklamotten stürmen wir ins Vorzimmer. Vollkommen überrascht und ein wenig verwirrt lässt uns Frau Alesi vor zum Bürgermeister. Der Bürgermeister zeigte uns zum Glück schnell auf, dass es auch unbürokratisch gehen konnte und wir von der Verwaltung schnelle Unterstützung bekommen würden.

Teils berechtigte Steine bekamen wir leider von der Polizei in den Weg gelegt, die uns einen Transport von Mammendorf nach Olching am Nachmittag untersagte. Also wieder ins Rathaus. Frau Abresch machte für uns Überstunden um im Landratsamt noch jemanden zu erreichen und die "Schwertransport - Genehmigung" einholen zu können. Zum Glück klappte dann auch alles und wir konnten den Burschen das OK geben.

Die kamen dann auch samt Böllerschützen gegen 19 Uhr am Ortseingang in Olching an. Zogen mit gut und gerne 30 Kolpingmitgliedern durch den Ort Richtung Halle und legten den Baum wie versprochen am ursprünglichen Ort wieder ab. Nach kurzer Inspektion stellten wir fest, dass der Baum unbeschadet war und es konnte los gehn. Zünftig und ausgelassen feierten wir zusammen. Und es war wirklich ein gelungenes Fest. Auch unsere Senioren schauten vorbei und gestanden, dass auch Ihnen vor 35 Jahren mal ein Baum geklaut wurde. Also alles halb so wild. Den Burschen hat es auf jeden Fall riesig gefallen und die letzten zog es erst in den frühen Morgenstunden zur eigenen Maibaumwache nach Hause.

Wir hatten auf jeden Fall viel Spaß, leider auch viel Stress, aber dafür gut 100 ausgelassen Besucher eines unvergesslichen Auslösefests.


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